Männerperspektive- Einstellung von Männern zu Gleichstellung und Gleichstellungspolitik
Männerperspektive- Einstellung von Männern zu Gleichstellung und Gleichstellungspolitik
Männerperspektiven auf Gleichstellung: Vorwärts, rückwärts oder Stillstand?
DR. DAG SCHÖLPER,GESCHÄFTSFÜHRER
Wie blicken Männer heute auf Gleichstellung und Gleichstellungspolitik? Haben sich Einstellungen und Sichtweisen in den letzten Jahren verändert und wenn ja, wie? Um das näher zu beleuchten, hat das Bundesforum Männer, der Interessenverband für Jungen, Männer und Väter in Deutschland, die repräsentative Studie „Männerperspektiven. Einstellungen von Männern zu Gleichstellung und Gleichstellungspolitik“ in Auftrag gegeben. Diese schließt an die Untersuchungen „Männer. Rolle vorwärts – Rolle rückwärts“ (2007) sowie „Männer-Perspektiven. Auf dem Weg zu mehr Gleichstellung?“ (2015) an und liefert somit im Zeitvergleich aktuelle Befunde für ausgewählte Fragestellungen.
Die vorliegenden Befragungsergebnisse geben wertvolle Hinweise darauf, wie Männer heute zu Gleichstellung stehen und worauf bei der Gestaltung einer erfolgreichen gleichstellungsorientierten Männerpolitik zu achten ist.
Als Bundesforum Männer treten wir für eine Gleichstellungspolitik ein, bei der die Anliegen und Bedürfnisse von Frauen, Männern und allen Geschlechtern nicht gegeneinander ausgespielt werden. Wir sind davon überzeugt, dass eine gleichstellungsorientierte Männerpolitik einen festen Platz in einer nachhaltigen Gleichstellungspolitik braucht und Geschlechtergerechtigkeit
nur im gemeinsamen Miteinander erreicht werden kann.
Wir sehen uns durch die Befragungsergebnisse in unserer Grundannahme bestätigt, dass eine große Mehrheit der Männer Gleichstellung richtig und wichtig findet– sowohl gesamtgesellschaftlich, mit Blick auf Unternehmen und ihre Vereinbarkeitskultur als auch in Bezug auf die eigene Partnerschaft. Ebenfalls ist ermutigend, dass der radikal-antifeministische Rand
seit 2015 nicht gewachsen ist. Die Anzahl derjenigen Männer, die in Distanz zu solchen extremen Vorstellungen stehen oder diese entschieden zurückweisen, ist im Zeitvergleich sogar etwas größer geworden.
Die Ergebnisse unterstreichen: Ein großer Teil der Männer schätzt Gleichstellung als wichtig für den Zusammenhalt der Gesellschaft ein. Zugleich sind Männer mehrheitlich der Auffassung, dass die Gleichstellung noch (lange) nicht erreicht ist. Gleichstellungspolitisch bleibt also weiterhin viel zu tun. In dieser Hinsicht ist es wichtig festzuhalten, dass zwei Drittel der Männer finden, dass sich Gleichstellungspolitik noch zu wenig mit den Anliegen von Männern befasst. Dieser Meinung sind sogar signifikant mehr Männer als vor acht Jahren. Daraus folgt für uns, dass es der Gleichstellungspolitik der letzten Jahre offenbar noch nicht in ausreichendem Maße gelungen ist, Männer von ihren Zielsetzungen und ihrer Effektivität u überzeugen. Weder wurden Männer bisher genügend als Unterstützer und Verbündete noch als Agenten des Wandels und Akteure mit eigenen Themen und Bedarfen angesprochen und mitgenommen.
Mit Blick auf zentrale gleichstellungsrelevante Einstellungen von Männern zeigt die Studie im Vergleich zu 2015 positive Entwicklungen. Teilzeit wird für Männer normaler. Männer erwarten von Unternehmen, dass sie Vereinbarkeit von Familie und Beruf gleichermaßen für Männer wie für Frauen ermöglichen. Männer finden, dass mehr verbindliche Partnermonate beim Elterngeld die
Gleichstellung voranbringen würde. Es wird für mehr Männer selbstverständlicher, dass nicht nur Mütter, sondern auch Väter nach der Geburt die Erwerbstätigkeit unterbrechen und wegen des Kindes zuhause bleiben.
Trotz dieser insgesamt erfreulichen Tendenzen belegen die Ergebnisse aber auch dringenden gleichstellungspolitischen Handlungsbedarf. Denn in den Befunden zeigt sich eine Gegenläufigkeit: Zunehmende Zustimmungswerte für Gleichstellung, aber abnehmende Zustimmungswerte für Gleichstellungspolitik. 2015 zählte noch ein gutes Drittel zu den Befürwortern einer aktiven,
offensiven Gleichstellungspolitik, heute sind es nur noch ein knappes Viertel. Auf der anderen Seite wuchs im gleichen Zeitraum der Anteil der Gegner einer weiter gehenden Gleichstellungspolitik auf ein gutes Fünftel.
In einer zusammenfassenden Betrachtung ergibt sich aus unserer Perspektive bei den Einstellungen von Männern zur Gleichstellungspolitik eine Dreiteilung: Zum einen die Gruppe der mehr oder minder starken Befürworter von Gleichstellungspolitik, zum zweiten eine Gruppe wenig Interessierter mit distanzierter Akzeptanz und zum dritten die Gruppe der tendenziellen bis
absoluten Gegner.
Diese unterschiedlichen Ausgangslagen muss eine effektive gleichstellungspolitische Strategie berücksichtigen und mit differenzierten Angeboten darauf reagieren. Aktive Befürworter sollten gleichstellungspolitisch weiter ermutigt, bestärkt und unterstützt werden. Für die Gruppe der wenig Interessierten und den noch erreichbaren Teil der skeptischen Gegner braucht es einladende und einbeziehende Angebote, damit Gleichstellungspolitik sie nicht gänzlich verliert. Harten Gegnern und Vertretern antifeministischer Positionen müssen darüber hinaus auch klare Grenzen gesetzt werden.
Wir bedanken uns beim BMFSFJ für die Förderung, die es uns ermöglicht hat, im Rahmen des Projektes „Männer stärker in die Gleichstellungspolitik –Vernetzung, Beratung, Ansprache und Unterstützung“ das DELTA -Institut mit dieser sozialwissenschaftlichen Repräsentativbefragung zu beauftragen. Herrn Prof. Dr. Wippermann danken wir sehr, dass er mit seinem Ergebnisbericht dazu beigetragen hat, die Einstellungsentwicklung von Männern zur Gleichstellung und zur Gleichstellungspolitik nachvollziehbar und so für die weitere politische Gestaltung nutzbar zu machen.