WIE DU EINEN VÄTERFREUNDLICHEN ARBEITGEBER FINDEST
Ein Artikel von Marco Krahl //23.02.2021
Es gibt Wichtigeres als Dienstwagen und Firmenhandy. Viele Väter wollen Job und Familie aufeinander abstimmen. So findest du den perfekten Arbeitgeber
„Die Vereinbarkeit von Job und Familie wird auch für Männer immer wichtiger. Die neue Generation von Vätern möchte mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen“, sagt Kirsten Frohnert, Projektleiterin des bundesweiten Unternehmensnetzwerkes „Erfolgsfaktor Familie“. Das hat auch Ingo Kramer, Ehrenpräsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, beobachtet. Der vierfache Vater sagt: „Für viele Beschäftigte ist Familienfreundlichkeit wichtiger als etwa ein Dienstwagen.“ Wobei Unternehmen, die sich Familienfreundlichkeit auf die Fahnen schreiben, oftmals nur die Mütter im Fokus haben. Väter haben allerdings oft etwas andere Ansprüche an solche Firmen. Achte deshalb auf die folgenden Punkte bei Jobsuche, Bewerbung und Vorstellungsgespräch.
Was du bei einer Initiativbewerbung beachten musst
Familienfreundliche Jobs werden immer gefragter. Angesichts der 12 Millionen Familien in Deutschland nicht verwunderlich. 90 Prozent der Beschäftigten mit Kindern wünschen sich laut „Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend“, Berufs- und Privatleben besser miteinander vereinbaren zu können. Die Corona-Pandemie, die allen Familien monatelanges Home-Schooling, Home-Office und Home-Kindergardening auf engsten Raum innerhalb der Kernfamilie beschert hat, verstärkt diesen Wunsch noch. Einige haben in dieser Zeit sicher ihren Job verloren, andere haben gemerkt, dass sie mit ihrem aktuellen Arbeitgeber nicht mehr zufrieden sind. Die Lösung für beide: eine neue Stelle. Wer sich nach einem neuen Arbeitsgeber umschaut, landet natürlich erstmal im Internet, vielleicht auch mit der Absicht, sich initiativ zu bewerben.
Initiativbewerbung: Signalisiert die Website der Firma Familienfreundlichkeit?
Die Homepage vieler Firmen sagt oft schon sehr viel über die Kultur (und die Väterfreundlichkeit) des jeweiligen Unternehmens aus und gibt Aufschluss über das (fehlende) Bewusstsein für Partnerschaftlichkeit unter Eltern. Bei größeren Unternehmen gibt es hier oft einen Menüpunkt, der „Karriere“ lautet – gerne mal anklicken. Gut: Wenn auf den Fotos zum Thema Elternzeit beispielsweise nicht nur Mütter, sondern auch Väter gezeigt werden. Auch die verwendete Sprache verrät, wie ein Unternehmen seine Beschäftigten sieht: Als Menschen mit einem Privatleben oder als reine Arbeitskraft. Die Erwähnung von Lebensphasenorientierung ist ein deutliches Zeichen dafür, dass das Unternehmen von dir keine lebenslange 40-Stunden-Woche von „9 to 5“ erwartet, sondern flexibel auf deine Vereinbarkeitssituation eingeht. Nicht zuletzt gibt es Qualitätssiegel für familienfreundliche Unternehmen, zum Beispiel von der Hertie-Stiftung, dem Deutschen Institut für Qualitätsstandards und -prüfung oder der Bertelsmann-Stiftung – Firmen, die so ein Siegel ihr Eigen nennen, werben auch gerne auf ihrer Website damit. Frohnert: „Wer außerdem Mitglied im öffentlich geförderten und daher kostenfreien Unternehmensnetzwerk ‚Erfolgsfaktor Familie‘ ist, kann das Mitgliederlogo auf seiner Webseite führen und in Stellenanzeigen damit werben.“
Was du bei einer Stellenanzeige beachten musst
Du hast eine Stellenanzeige gefunden, die dich interessiert? Dann guck sie dir ganz genau an, denn sie ist – ob online oder offline – die Visitenkarte eines jeden Arbeitgebers. Es spricht viel für ein familienfreundliches Unternehmen, wenn im Anzeigentext folgendes auftaucht: gendersensible Formulierungen: Es werden also Neutralisierungen benutzt wie Finanzbuchhaltung (statt Finanzbuchhalter), die Paarform wird bevorzugt („Bewerberinnen und Bewerber“) oder das Gender-Sternchen benutzt (Mitarbeiter*innen).
Mögliche Arbeitsmodelle: Wird die wöchentliche Stundenanzahl genannt? Und Möglichkeiten für Gleitzeit, flexible Arbeitszeiten, Teilzeit, Jobsharing, Tandem, Home-Office bzw. mobiles Arbeiten, Arbeitszeitkonten, etc.?
Detaillierte Selbstbeschreibung: Schreibt dein potenzieller neuer Arbeitgeber, was ihn als „familienfreundlich“ auszeichnet oder nennt er konkrete Angebote für Familien? Wird vielleicht sogar Sonderurlaub für Väter nach der Geburt erwähnt?
Stellenanzeige: Wie ist der Text formuliert, werden Väter explizit erwähnt?
Darüber hinaus solltest du bei einer Stellenanzeige auch auf versteckte Hinweise achten: Ein Unternehmen zum Beispiel, das „Belastbarkeit“ erwartet, obwohl das eigentlich selbstverständlich sein sollte, bietet vermutlich ein eher raues Betriebsklima. Wenn eine Firma mit seinem „jungen Team“ wirbt, ist davon auszugehen, dass keiner im Unternehmen älter als 30 ist und Kinder dort einfach kein Thema sind. Total gegen Familienfreundlichkeit spricht, wenn in der Anzeige eine Qualifikation verlangt wird wie „ungebunden“ – als Vater kannst du dir dann eine Bewerbung sparen.
Was du bei einem Bewerbungsgespräch beachten musst
Du bist zum Gespräch eingeladen? Glückwunsch! Jetzt hast du die Möglichkeit, noch mehr über das Unternehmen und deine zukünftigen Kollegen herauszufinden. Fühl deinem Gegenüber also gerne mal auf den Zahn – er tut es ja auch. Nicole Beste-Fopma, Buchautorin des Ratgebers „Beruf und Familie – Passt!: So finden Eltern den richtigen Arbeitgeber“ (Campus, um 20 Euro) rät, Jobsuchenden, ganz gezielt Fragen zum Thema „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ im Vorstellungsgespräch zu stellen. „Die Antwort auf die Frage, wie viele Männer wie lange Elternzeit nehmen, zeigt zum Beispiel, wie die Unternehmenskultur tatsächlich aussieht“, sagt die Expertin, die auch ein Online-Magazin für berufstätige Mütter und Väter ins Leben gerufen hat (www.lob-magazin.de).
Bewerbungsgespräch: Hat dein/e zukünftige/r Vorgesetze/r selbst Kinder?
„Auch mehr als zehn Jahre nach Einführung des Elterngelds wird Väterfreundlichkeit in der Regel an den klassischen zwei Vätermonaten der Elternzeit festgemacht. Doch das greift viel zu kurz“, sagt Volker Baisch von der Väter gGmbH, die Firmen zum Thema Vereinbarkeit aus der männlichen Perspektive berät. Wichtig ist zum Beispiel auch, dass männliche Führungskräfte ebenfalls als Vorbilder fungieren. Ob ein Unternehmen wirklich väterfreundlich ist, hängt ganz wesentlich davon ab, ob männliche Vorgesetzte selbst vereinbaren können, in Teilzeit arbeiten oder auch nach ihrer Elternzeit die Karriereleiter weiter hochsteigen konnten. Auch das sind alles Infos, die man als Bewerber in einem Vorstellungsgespräch bei seinem zukünftigen Arbeitgeber abfragen kann. Trau dich ruhig, diese Fragen zu stellen, schließlich sollten in einem persönlichen Gespräch sich beide Seiten besser kennenlernen.
Ein väterfreundliches Unternehmen als potenziellen Arbeitgeber zu finden, ist für Außenstehende nicht immer ganz leicht. Ein sicheres Zeichen für Väterfreundlichkeit ist es aber, wenn das Unternehmen Mitglied in einem Väternetzwerk ist oder einen Väterbeauftragten hat. Eine Liste von Unternehmen mit von der Väter gGmbH initiierten Väternetzwerken findest du zum Beispiel unter www.vaeter-ggmbh.de.
Quelle: https://www.menshealth.de/dad/job-care/wie-du-einen-vaeterfreundlichen-arbeitgeber-findest/